Alpenüberquerung in sieben Tagen: der Transalpine Run

Eine unserer Mitarbeiterinnen in der Sportkardiologie, Clara Carste, hat sich in diesem Jahr einer besonderen sportlichen Herausforderung angenommen: einem siebentägigen Etappenrennen im Zweierteam, dem Transalpine Run. In diesem Eintrag erzählt sie von dieser (Grenz-)Erfahrung.

Der Transalpine Run (TAR) ist ein einzigartiger und fordernder Ultramarathon über den Alpenhauptkamm, der Läufer sowohl körperlich als auch mental an ihre Grenzen bringt. Die genaue Route variiert von Jahr zu Jahr und ist mitunter so alpin, dass schlechte Wetterbedingungen zu kurzfristigen Streckenanpassungen durch den Veranstalter führen können.

Was ist der Transalpine Run?

Der Transalpine Run (TAR) führt in sieben Etappen durch vier Länder von Garmisch-Partenkirchen bis an den Reschensee in Italien. In diesem Jahr mussten dafür 250 Kilometer und über 16.000 Höhenmeter überwunden werden. Anspruchsvolle Trails, grandiose Landschaften, fordernde Downhills und wechselhaftes Wetter, von Sommertemperaturen bis hin zu Schneefall, machten das Rennen zu einer besonderen Herausforderung.

Der TAR kann entweder in der Solo-Wertung oder als Teamwertung bestritten werden. Im Zweierteam gilt: Nur wenn beide Teammitglieder alle Etappen erfolgreich abschließen, wird das Team gewertet. Es geht also nicht nur um die persönliche Leistung, sondern auch darum, den Partner zu unterstützen und gemeinsam das Ziel zu erreichen. Sollte ein Teampartner jedoch ausfallen, besteht für den anderen Läufer die Möglichkeit, als sogenannter Individual Finisher das Rennen außerhalb der Wertung zu beenden.

Die Etappen und Etappenorte:

- Etappe 1: Garmisch-Partenkirchen – Nassereith: 44,5 km, 2.590 Höhenmeter

- Etappe 2: Nassereith – Imst: 31 km, 1.770 Höhenmeter

- Etappe 3: Imst – See: 46 km, 3.000 Höhenmeter

- Etappe 4: See – Ischgl: 41 km, 2.600 Höhenmeter

- Etappe 5: Ischgl – Samnaun: 30 km, 2.100 Höhenmeter

- Etappe 6: Samnaun – Nauders: 35 km, 1.960 Höhenmeter

- Etappe 7: Nauders – Reschensee: 22 km, 1.200 Höhenmeter

Die Organisation des Transalpine Runs war hervorragend. Die meisten Teilnehmer waren in Hotels untergebracht, zu denen sie nach jeder Etappe mit Bussen gebracht wurden. Das Gepäck wurde von Hotel zu Hotel transportiert, und im Zielbereich warteten Verpflegung und Erholungsbereiche. Abends gab es gemeinsames Essen und die Siegerehrung, bei der auch die nächste Etappe und eventuelle Streckenänderungen bekannt gegeben wurden. Auch die insgesamt 250 km lange Route war trotz einiger kurzfristiger Änderungen durchgehend markiert.

Jede Etappe bot ihre eigenen Herausforderungen. Die erste Etappe startete bei sommerlichen Temperaturen in Garmisch-Partenkirchen und führte vorbei am Eibsee, Seebensee und Drachensee durch die alpine Grünsteinscharte, dem höchsten Punkt des ersten Tages. Bergab verlief der Trail durch ein langes Geröllfeld, bis die erste Etappe schließlich in Nassereith endete. Die zweite Etappe verlief großteils auf einem schmalen Bergrücken und markierte vorerst den letzten regenfreien Tag. Die dritte und längste Etappe testete bei Nebel und leichtem Regen die Fähigkeit der Läuferinnen und Läufer, die Konzentration beim Laufen lange aufrechtzuerhalten. Besonders herausfordernd war jedoch die vierte Etappe von See nach Ischgl: kalte Temperaturen, Regen, Wind, technische Passagen und rutschige Downhills forderten von den Läufern viel an Willenskraft und Durchhaltevermögen. Fast 30 Teilnehmer stiegen an diesem Tag aus dem Rennen aus.

Auch mein Teampartner musste das Rennen aufgrund von Knieproblemen nach dem erfolgreichen Abschluss der vierten Etappe abbrechen. Die gemeinsame Entscheidung, dass seine langfristige Gesundheit wichtiger ist als das gemeinsame Finish, fiel schwer, war aber nach einem besonders harten und langen Tag eindeutig. Es gehört viel dazu, auf die Signale seines Körpers zu hören und diese auch ernst zu nehmen wenn man es in einem solchen Rennen bereits so weit geschafft hat.

Obgleich außerhalb der Wertung, stand schnell fest, dass das Rennen noch nicht ganz beendet sein sollte und ich als Individual Finisher die verbleibenden drei Tage weiterlaufen würde.

Die Herausforderungen des Rennens

Die größte Herausforderung über die sieben Tage Rennen war für mich der Mangel an Schlaf, denn Startschuss war meist um 7 Uhr morgens. Davor war es mir wichtig, ausreichend zu frühstücken, um die langen Etappen gestärkt zu starten. Außerdem priorisierte ich erfolgreich, mich jeden morgen für 10 Minuten zu dehnen - der Wecker klingelte entsprechend früh. Besonders in den mittleren Etappen war ich häufig so müde, dass das Laufen in meiner Wahrnehmung mehr einem Vorwärts-Schleppen glich. In diesen Situationen kamen die Energie-Gels mit Koffein zum Einsatz. Die Frage, warum ich das tue, konnte ich zum Glück immer damit beantworten, wie stolz ich auf mich sein werde, wenn ich dieses riesige Projekt tatsächlich schaffe und am Reschensee im Ziel ankomme.

Nach jeder Etappe machte ich einen kurzen Mittagsschlaf und nutzte dann den verbleibende Nachmittag, um möglichst viel zu Essen und die Energiereserven wieder aufzufüllen, den nächsten Tag vorzubereiten, zur Physiotherapie zu gehen und mich mit den anderen Läufern auszutauschen.

Besonders hart war der erste Tag, an dem ich ohne meinen Teampartner unterwegs war. Für einen zu schnellen Start zahlte ich auf den letzten Kilometern den Preis. Am nächsten Tag, auf der sechsten Etappe lief ich deshalb deutlich langsamer und unterhielt mich fast die gesamten 35 km lang mit einer Freundin, deren Partnerin ebenfalls aus dem Rennen aussteigen musste. Das lenkte ab und gab mir neue Energie, die bis zum Ende des Rennens anhielt.

Die letzte Etappe waren "nur noch" 22 km, und mein Teampartner fühlte sich wieder fit genug, diese gemeinsam zu laufen. Wir erklärten diese letzte Etappe zur "Gaudi-Etappe" und liefen laut singend durch die frisch verschneiten Berge zum Reschensee, bis wir Hand in Hand durch das Ziel laufen durften. Auch wenn es kein offizieller Team-Finish war, hatten wir gemeinsam die Alpen überquert – von Garmisch-Partenkirchen bis zum Reschensee, allein mit unserer Muskelkraft.

Von allen Startern, die am 7.9.24 in Garmisch-Partenkirchen starteten, durften sich 455 Läuferinnen und Läufer Finisher des Transalpine Run 2024 nennen, das enspricht einer Finisher-Quote von 82%.

Fazit

Würde ich den Transalpine Run noch einmal machen? In der Mitte der Woche hätte ich klar „Nein“ gesagt. Aber nach dieser Erfahrung und der Erkenntnis, wie wichtig das richtige Pacing ist, könnte ich es mir durchaus vorstellen. Wir sind noch nicht in der Teamwertung durchs Ziel gelaufen. Wir haben mit dem Rennen noch eine Rechnung offen.

Foto: Andi Frank

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