In Fitnesstests und Leistungsdiagnostiken wird die Fähigkeit eines Sportlers erhoben, hohe Leistungen in ausgeruhtem Zustand zu erbringen. Diese Leistung verschlechtert sich jedoch im ermüdeten Zustand. Doch genau hier noch hohe Leistungen erbringen zu können ist es, was Wettkampfsportler brauchen um erfolgreich aus ihrem Rennen zu gehen: sie brauchen eine hohe Widerstandsfähigkeit.
Ausdauer und Widerstandsfähigkeit gehen Hand in Hand. Beide Wörter leiten sich vom lateinischen "durum" ab, was hart bedeutet. In Ausdauersportarten gelten Athleten im Allgemeinen als ausdauernd, wenn sie hohe Trainingsumfänge bewältigen können. Die Sportwissenschaft hat jedoch eine weitere Anwendung für den Begriff gefunden, die wichtige Auswirkungen auf das Training von Sportlern haben könnte.
Ausdauertest wie eine Leistungsdiagnostik im Labor oder ein 20-minütiges Zeitfahren (FTP-Test) werden verwendet, um Veränderungen der Fitness zu verfolgen und Intensitätszonen zu berechnen. Sie werden fast immer mit erholten Beinen und einer kurzen Aufwärmphase durchgeführt, was einige Wissenschaftler dazu veranlasst hat, die Relevanz der Ergebnisse für längere Rennen in Frage zu stellen und sich zu fragen, welchen Unterschied es machen würde, wenn sie stattdessen in einem ermüdeten Zustand nach längerem Training durchgeführt würden. Wie sich herausstellt, macht es einen großen Unterschied: in einer Studie aus dem Jahr 2022, im International Journal of Sports Physiology and Performance, wurden die Ergebnisse von den FTP-Tests von 12 Radprofis verglichen, die einmal nach einem normalen Aufwärmtraining und einmal nach fast vier Stunden Radfahren mit niedriger Intensität, gefahren wurde. Das Ergebnis: die Leistung im ermüdeten Test war, wie zu erwarten, niedriger. Die Leistungseinbußen im Ermüdungstest variierten aber erheblich von Person zu Person. Einige Sportler erbrachten im müden Zustand weitaus schlechtere Leistungen als im frischen Zustand, während andere im ermüdeten Zustand fast genauso gut abschnitten. Die Autoren der Studie bezeichneten diese zweite Gruppe von Sportlern als „ermüdungswiderstandsfähig“.
Diese Ergebnisse werfen eine interessante Frage auf: ist der bessere Prädiktor für Leistung im Rennen die Leistung eines Zeitfahrens mit frischen Beinen oder eines, das in einem ermüdeten Zustand absolviert wird? Eine Studie von 2023 aus dem Journal of Science and Medicine in Sport zeigte, dass die Leistung im ermüdeten Zeitfahren ein besserer Prädiktor dafür war, ob ein bestimmter Radfahrer mindestens einen Podiumsplatz erreichte.
Wichtig für die Wahl des richtigen Testprotokolls ist es jedoch, nach dem Verwendungsziel der Ergebnisse zu fragen:
Die Fähigkeit, bei Ermüdung hohe Leistung zu erbringen (d. h. die "Ermüdungswiderstandsfähigkeit” oder “Durability”) ist demnach die Ausdauer, die Ausdauersportler im Wettkampf am meisten brauchen.
Die Frage, was einen Athleten ermüdungswiderstandsfähiger macht als einen anderen, wurde ebenfalls untersucht: Athleten die ausdauernd sein wollen, müssen ihren aeroben Motor stärken, ihre Fettverbrennung verbessern und effizienter werden.
Um das zu erreichen, ist im Ausdauersport ein umfangreiches Training bei niedriger Intensität (d. h. unter 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz) der Schlüssel zur Maximierung der Ausdauer.
Zusätzlich dazu ist eine Methode, die Ermüdungswiederstandsfähigkeit zu verbessern, intensives Training nach Vorermüdung durchzuführen. Ein Praxisbeispiel für das Marathontraining ist dafür z.b. ein Halbmarathon, mit den ersten 16km bei geringer Intensität und erst den letzten 5km mit 90% der maximal möglichen Anstrengung.
Die nächste längere Laufeinheit könnte also eine super Gelegenheit sein, das erste Durability Training zu absolvieren!