Ein Hype, der sich in Fitness-Kreisen und in den sozialen Medien in den vergangenen Monaten (erneut) breit gemacht hat, ist die ketogene Diät. So soll diese spezielle Ernährungsform Ausdauersportlern und auch Kraftsportlern gleichermaßen helfen, ihr Gewicht zu reduzieren oder dieses zumindest besser kontrollieren zu können und dabei nicht an Leistungsfähigkeit zu verlieren oder sogar mehr Leistung abrufen zu können. Doch kann diese Diätform solche Versprechen überhaupt halten?
Eine ketogene Diät ist eine Ernährungsform, bei welcher(fast komplett) auf Kohlenhydrate verzichtet wird (Low Carb bis No Carb) und stattdessen zu 70-80% auf Fette und zu 20-25% auf Proteine zurückgegriffen wird. Die Folge dieser stark eingeschränkten Kohlenhydrataufnahme ist, dass der Körper auf andere Energieträger zurückgreifen muss: die Fettdepots im Körper. Diese Fettdepots werden nach zwei bis drei Tagen vermehrt zu freien Fettsäuren abgebaut und in der Leber dann zu sogenannten Ketosäuren umgebaut. Nach etwa drei bis vier Wochen verändert sich dann auch auf enzymatischer Ebene der Energiestoffwechsel, und die Aktivität des Fettstoffwechsels erhöht sich deutlich gegenüber der Aktivität des Kohlenhydratstoffwechsels.
Durch die vermehrte Aktivität des Fettstoffwechsels verschiebt sich der Anteil der Energieproduktion deutlich mehr in dessen Richtung (maximale relative Belastungsintensität von 45% VO2max auf bis zu 70% VO2max). Man verspricht sich während einer ketogenen Diät einen einfacheren Gewichtsverlust, ohne dabei z. B. Muskelmasse zu verlieren. Außerdem soll diese Ernährungsform zu längerfristig verbessertem subjektivem Wohlbefinden führen.
Zum Abnehmen eignet sich die ketogene Diät weder besser noch schlechter als hypokalorische (kalorienreduzierte) Diäten. Im Gegensatz zur Mischkost ist die ketogene Diät jedoch langfristig ungeeignet, weil sie nicht vielseitig genug und sehr unausgewogen ist. Selbst wenn man auf besonders gesunde, pflanzliche Fettlieferanten zurückgreift, hat sich gezeigt, dass es eher zu erhöhten Cholesterinwerten und einer gesteigerten Bildung von entzündungsfördernden Stoffen kommt. Damit geht eine reduzierte Vielfalt des Darmmikrobioms und eine gesteigerte Purin-Aufnahme, welche wiederum Gichtanfälle auslösen kann, einher. Weiterhin kann es bei einer langfristigen ketogenen Diät zu erhöhten Markern für Knochenabbau und verringerten Markern für den Knochenaufbau kommen – sowie zu ungünstigen Bedingungen für einen Muskelaufbau insgesamt.
Betrachtet man das Thema nur zu einem kleinen Teil, könnte man in der Tat sagen, dass die gesteigerte Fettsäuresynthese und Verstoffwechslungsrate von Fetten zu einer besseren Ausdauerleistung führen kann. Tatsächlich verliert man jedoch massiv an Leistungsvermögen oberhalb von70% VO2max, weil nicht mehr ausreichende Kohlenhydrate zur Energiegewinnung vorhanden sind. Dies führt zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Trainingsanpassung, da ein Training (oder gar ein Wettkampf) in höheren Intensitätsbereichen nicht mehr realisiert werden kann. Außerdem können die während einer ketogenen Diät „verloren“gegangenen Kohlenhydratspeicher nicht innerhalb weniger Tage wieder aufgefüllt werden. Der zunächst vermutete Vorteil wird also gerade bei höheren Intensitäten wie z. B. im Wettkampf oder auch nach langen Distanzen zu einem großen Nachteil.
Die ketogene Diät hat kurzfristig keinerlei Einfluss auf Explosivleistungen oder Leistungen im submaximalen bis maximalen Intensitätsbereich. Nur wenige Studien mit geringen Probandenzahlen konnten positive Einflüsse sichtbar machen, zusätzlich ist das jedoch immer auf die Gewichtsabnahme während der Interventionsphase zurückzuführen. Wenn wir uns das Thema Muskelaufbau ansehen, ist es jedoch so, dass die ketogene Diät im Vergleich zur herkömmlichen Mischkost (gleiche Energie- und Proteinzufuhr) den Aufbau von Muskelmasse eher negativ beeinflusst. Diese Beeinträchtigung kann man u. a. über die reduzierten Insulinspiegel während der Keto-Phase erklären.
Die ketogene Diät eignet sich nicht als langfristige Variante zum Abnehmen. Für Sportler, egal ob Kraft- oder Ausdauersportler, sind die wenigen positiven Effekte eines erhöhten Fettstoffwechsels den negativen Effekten nicht überlegen. Insgesamt kann man diese Diätform für Sportler nicht empfehlen.
Von Robert Haslbauer, November 2023
Quellen:
- Schek, A. (2023). Ketogene Diät. Leistungssport,53 (5), 34-36
- BurkeL. M. (2021), Ketogenic low-CHO, high-fat diet: the future of elite endurance sport? J. Physiol., 599 (3), 819-843
- Paoliet al. (2021), The ketogenic diet and sport: A possible marriage? Exerc. Sci.Sport Rev., 43, 153-162